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Klage gegen Bürgerentscheid in Albstadt erfolglos

Datum: 07.07.2000

Kurzbeschreibung: (Urteil vom 14.06.2000 - 5 K 1488/99) Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage von vier Albstädter Bürgern, teilweise Gemeinderäten, abgewiesen.

Diese war gerichtet auf "Feststellung der Verletzung des Grundsatzes der Freiheit der Wahl anlässlich des Bürgerentscheides vom 27.06.1999 über den Bau des Innenstadttunnels Albstadt-Ebingen", hilfsweise auf die Feststellung der Ungültigkeit des Bürgerentscheids. Die 5. Kammer des Gerichts entschied, die Klage sei gar nicht zulässig, insbesondere, weil die Kläger nicht die Verletzung eigener Rechte geltend machen könnten.

Am 27.06.1999 führte die Stadt Albstadt einen Bürgerentscheid durch, mit dem über den Bau eines Autotunnels in der Ebinger Innenstadt entschieden werden sollte. Die Durchführung dieses Bürgerentscheids war von dem Gemeinderat beschlossen worden; zuvor hatte der Gemeinderat bereits einen Bebauungsplan beschlossen, dessen Gegenstand die Planung des Innenstadttunnels war. Der Gemeinderat beschloß auch, verschiedene Informationsveranstaltungen zur Vorbereitung des Bürgerentscheids durchzuführen. In Ausführung dieses Beschlusses wurde eine Informationsbroschüre über das Tunnelprojekt hergestellt. In dieser Broschüre erhielten die Fraktionen des Gemeinderats Gelegenheit, ihre Auffassungen zu dem Tunnel darzulegen. Des weiteren wurden ein Informationsbüro eingerichtet und zwei Informationsveranstaltungen durchgeführt. Zusätzlich erstellte die Verwaltung der Beklagten eine Postwurfsendung, die am Tag vor der Abstimmung an sämtliche Haushalte verteilt wurde. In ihr wurden Argumente für den Bau des Tunnels aufgelistet; außerdem informierte die Postwurfsendung über den Abstimmungsmodus. Abschließend enthielt sie folgenden Aufruf: "Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, nutzen Sie die Chance des Bürgerentscheids. Gehen Sie am Sonntag den 27.06.99 zur Wahl. Stimmen Sie bitte mit Nein für die Verwirklichung einer leistungsfähigen Westtangente mit Tunnel, und damit für eine in die Zukunft gerichtete Innenstadtentwicklung." Bei dem Bürgerentscheid stimmten 28.47 % der Stimmberechtigten gegen den Bau des Tunnels und 10.49 % für den Bau des Tunnels. Da die Mehrheit nicht mindestens 30 % der Stimmberechtigten betrug, kam kein bindender Bürgerentscheid zustande. Am 08.07.1999 beschloß der Gemeinderat, den Tunnel zu erbauen.

Das Gericht befand, für die mit dem Hauptantrag erhobene Feststellungsklage besässen die Kläger kein berechtigtes Feststellungsinteresse. Sie begehrten mit dem Hauptantrag lediglich die Feststellung der Verletzung der Freiheit der Wahl und ausdrücklich nicht die Feststellung der Ungültigkeit des Bürgerentscheids. Daher könne sich ein Feststellungsinteresse nicht aus Folgen ergeben, die der gültige Bürgerentscheid mit sich bringe. Die Kläger könnten sich nicht darauf berufen, dass sie als Gemeinderäte mit der Abstimmungsfrage erneut befaßt worden seien. Der (weitere) Kläger (der nicht im Gemeinderat ist) könne nicht geltend machen, dass der Bürgerentscheid im Ergebnis für ihn zu nachteiligen Folgen geführt habe. Nicht ausreichend sei die Geltendmachung eines grundsätzlichen ideellen Interesses an der Feststellung von Wahlfehlern. Die Kläger seien darüber hinaus auch nicht klagebefugt, weil sie nicht die Verletzung ihres eigenen Abstimmungsrechtes geltend machten, sondern die Verletzung der Rechte anderer Stimmberechtigter. Das subjektive Recht auf Einhaltung der Wahlrechtsgrundsätze beziehe sich nur auf die Einhaltung der Wahlrechtsgrundsätze gegenüber dem jeweiligen Bürger selbst. Ein subjektives Recht auf Einhaltung der Wahlrechtsgrundsätze auch gegenüber anderen Bürgern bestehe nicht. Die Kläger hätten daher geltend machen müssen, dass die Stadt gerade hinsichtlich der Kläger selbst gegen den Grundsatz der Abstimmungsfreiheit verstoßen habe. Dies sei aber nicht der Fall. Die Kläger hätten vorgetragen, dass nicht sie selbst, sondern dass andere Abstimmungsberechtigte durch die angegriffenen Maßnahmen der Beklagten beeinflußt worden seien. Die Überwachung der ordnungsgemäßen Durchführung eines Bürgerentscheids und der Einhaltung der Wahlrechtsgrundsätze in ihrer objektiv-rechtlichen Ausprägung obliege der Rechtsaufsichtsbehörde.

Da die Kläger mit dem Hilfsantrag geltend machten, der Bürgerentscheid sei wegen der Verletzung der Abstimmungsfreiheit ungültig, beriefen sie sich auch in diesem Zusammenhang ausschließlich auf eine mögliche Verletzung der Rechte anderer Gemeindebürger und machten keine Verletzung in eigenen Rechten geltend. Die Frage, inwieweit eine Gemeinde vor einem Bürgerentscheid über ihre Auffassung informieren oder für eine bestimmte Stimmabgabe werben dürfe und ob die Stadt im Vorfeld des Bürgerentscheids derartige Grenzen überschritten und dadurch auch gegen den Grundsatz der Abstimmungsfreiheit verstoßen habe, könne daher hier nicht beantwortet werden.(Bi)

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